Ertinger Musikverein spielt außergewöhnliches und gelungenes Jahreskonzert
Stehende, lang anhaltende Ovationen waren das Ergebnis des außergewöhnlichen und sehr gelungenen Jahreskonzerts des Ertingers Musikvereins. Die Zuhörer waren so zahlreich erschienen, dass die Kulturhalle voll besetzt war.
Der Dirigent Günther Goldammer hatte für den ersten Teil Originalkompositionen namhafter Komponisten ausgesucht und setzte danach den Schwerpunkt auf moderne sinfonische Blasmusik. Als Moderatorinnen wirkten in gekonnter Weise Anja uns Sandra Höninger.
Die insgesamt 80 Aktiven eröffneten den Konzertabend mit der festlichen Ouvertüre „Valhalla“ – eine Intrada, bei der besonders die Blechregister dominierten, im cantablen Mittelteil vom Holz abgelöst wurden und sich zum Schluss hin ins Fortissimo stetig steigerte, immer das Signal als Quartsprung im Vordergrund.
Es folgten Volkslieder und Tänze aus Westafrika in „Ceremony, Song and Ritual“. Eine Art Programmmusik, bei der das aktive Volk einen Feuertanz zelebriert, der Gott des Donners auftritt und die Riten der Eingeborenen vorgestellt werden. Die heiligen Trommeln Afrikas, von neun Trommlern gespielt, die Konkurrenz zwischen Holz- und Blechregistern nach der kraftvollen Introduction und die rhythmisch sehr differenzierte Ausarbeitung nebst gesungenen Hintergrundsgeräuschen, ließen die geheimnisvolle Atmosphäre, aber auch die Wild- und Rohheit im Busch erahnen.
Mit Elsas Zug zur Kathedrale von Richard Wagner aus der Oper „Lohengrin“ gelang ein außergewöhnliches Stück in der gewaltigen Tonsprache der Spätromantik. Im schreitenden Tempo wechselten Tonarten, Harmoniefolgen und die Dynamik bis zum epochalen Finale. Weich in der Intonation in den Holzbläsern, das Blech nie aufdringlich, gefühlvoll und dynamisch gesteigert. Romantisch eben.
Lautmalerei, Chromatik, Virtuosität und eine einmalige Kombination von Waldhorn (Günther Goldammer) und Klarinette (Mark Lutz) kennzeichneten den „Hummelflug“ des russischen Komponisten Rimsky-Korsakoff. In diesem orchestralen Interludium glänzten die Solisten, vom Blasorchester dezent begleitet und absolut synchron. Die Solisten meisterten die hohen technischen Anforderungen spielerisch.
Dass sinfonische Blasmusik sehr stark von Latin-Elementen, besonders Percussion-Instrumenten geprägt sein kann, zeigten die Musiker im berühmtesten Salsa der Welt, dem Conga. Ein Spezialarrangement für Blasorchester versetzte den Zuhörer in den Karneval von Rio, bei dem die Percussion-Einlagen rhythmisch exakt gespielt wurden, keinerlei Schwäche beim oftmals gespielten Thema zu hören war, welches sich im strahlenden Septakkord verabschiedete.
Orchester brilliert mit „Evita“
Mit Andrew Lloyd Webbers weltberühmten Musical „Evita“ präsentierten die Aktiven die schönsten musikalischen Auszüge wie etwa einen festlichen Choral, elegisch angelegt, eine Ballszene mit Walzerklängen. Die teilweise dissonante Tonsprache, die Taktwechsel, die technisch hohen Anforderungen und das Thema, das sich leitmotivisch durch das ganze Werk zog – all das war kein Problem für die unterschiedlichen Register des Orchesters.
In „Don't Cry For Me Argentina“ kulminierte die Komposition zu einem musikalischen Fragezeichen, den Zuhörer nachdenklich stimmend, wenn man bedenkt, dass die argentinische Präsidentengattin Evita Perón bereits mit 33 Jahren aus dem Leben schied und heute noch in ihrem Land als Frauenrechtlerin verehrt wird.
Die Musik von Udo Jürgens wird wohl für viele unsterblich bleiben, was er als Komponist in seiner sinfonischen Dichtung „Die Krone der Schöpfung“ bewies. Der biblische Text des Buches Genesis bildet die Grundlage für lyrische, barocke und moderne Teile. Ein theatralisches Werk, das die Finalaussage Gottes in der Schöpfungsgeschichte „Und siehe, es war gut“ in Frage stellt.
Denn was ist zwischenzeitlich aus der Welt georden? Kriege, Not, Armut, zwischenmenschliche Kälte, Umweltzerstörung. Dass der ausgezeichnete Dirigent Günther Goldammer auch als hervorragender Sänger fungieren kann – die Stimme von Udo bestens imitierend – zeigte er in einem werkimmanenten Vokalstück im typischen Sound von Jürgens, was die Zuhörer völlig zu Recht begeisterte.
Aber auch das Blasorchester bewies sein großen Können in all den subtilen Einschüben, den langen Melodiephrasen, den rhythmischen Anforderungen – eine gewaltige Symbiose aller Aktiven bei dieser kolossalen Komposition. Und es war gut so!
Mit dem als Zugabe gespielten Alte-Kameraden-Marsch wurde das Publikum belohnt und aus dieser nachdenklichen Stimmung in die Realität zurück geholt.